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Chicago Bears – Ungemütlich In Der Windy City

CHICAGO BEARS – UNGEMÜTLICH IN DER WINDY CITY

Nachdem die Chicago Bears in der letzten Saison ihre eigene Division, die NFC-North, mit weitem Abstand für sich entscheiden konnten, war allerdings in der Wildcard-Round gegen die Philadelphia Eagles Schluss. Dennoch war es eine äußerst vielversprechende Spielzeit für die Bears. Die Defensive war die dominanteste der Liga, Quarterback Mitch Trubisky (25) schien endlich in der NFL Fuß gefasst zu haben und Head Coach Matt Nagy (41) verpasste nur knapp den „Coach-of-the-year-Award“. Mit dementsprechenden Vorschusslorbeeren ging es in die neue Saison. Die Playoffs wurden als Minimalziel ausgegeben, ja sogar von einem Super-Bowl-Contender war die Rede. Doch nach Woche neun sind diese Ziele in weite Ferne gerückt. In der NFC-North belegt man momentan den letzten Rang und die Postseason ist nicht ansatzweise in Reichweite. Somit macht sich Ratlosigkeit in den Reihen der Chicago Bears breit.

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Harmlose Offensive

Für eine spektakuläre Offensive standen die Bears in den letzten Jahren nie. Doch 2018 schien diese zumindest eine der 15 besseren in der NFL werden zu können. Damals war das Laufspiel der Schlüssel zu Siegen. Mit dem Zweiergespann aus Tarik Cohen (RB, 24) und Jordan Howard (RB, 25) sorgte man am Boden für vielseitiges und effektives Laufspiel. Während Cohen, der kleinste Spieler der Liga, für die schnellen Läufe über außen zuständig war, sorgte Howard als „Bulldozer“ für den Raumgewinn durch die Mitte des Feldes. Howard führte das Backfield in Chicago seit seinem Draft 2016 an und war seitdem immer der Leading-Rusher. In seiner Rookie-Saison kam er auf über 1300 Rushing-Yards, das Jahr darauf knackte er die 1100-Yards-Marke. In der letzten Spielzeit blieb er dann mit 935 Rushing-Yards zum ersten Mal unter der magischen 1000-Yards-Grenze, was wahrscheinlich einer der Hauptgründe für das Ausbleiben von Vertragsgesprächen seitens der Bears war.

Nach drei Jahren war also Schluss für den Runningback in Chicago. Bei seinem neuen Arbeitgeber, den Philadelphia Eagles, konnte sich Howard nun auch die Starter-Rolle im Backfield erkämpfen und knüpft an alte Statistiken an. Im diesjährigen Draft holte man sich mit David Montgomery (RB, 22) einen vielversprechenden Ersatz für Howard. Bisher bleibt dieser allerdings hinter seinen Erwartungen und kann bei 98 Läufen für 366 Yards nur einen Schnitt von 3,7 Yards pro Lauf vorweisen. Für einen Starting-Runningback in der NFL eindeutig zu wenig. Und auch die Allzweckwaffe Cohen kommt am Boden so überhaupt nicht in Gang. Letztes Jahr legte dieser noch 4,4 Yards pro Lauf zurück, dieses Jahr sind es schwache 2,3 Yards pro Versuch. Aber nicht nur seine Läufe sind nicht so effektiv wie vor einem Jahr. Auch durch die Luft wird Cohen regelmäßig aus dem Spiel genommen. Nach seiner Pro-Bowl-Saison fängt er zwar recht viele Pässe, kann aber auch hier kaum Raumgewinn verzeichnen. 2018 war er noch die zweitbeste Anspielstation von Trubisky, 2019 kommt er bei 32 Passfängen auf magere 184 Receiving-Yards.

Problemfall Trubisky

Für die eindimensionale Offensive sind aber nicht nur die Runningbacks verantwortlich. Gerade auf der wichtigsten Position eines Football-Teams, der des Quarterbacks, geht in Chicago garnichts. Dass er kein herausragender Quarterback á la Patrick Mahomes (24, Kansas City Chiefs) ist, sollte mittlerweile jedem klar sein. Wie schon oben genannt präsentierte sich Trubisky in der abgelaufenen Spielzeit aber eigentlich als solider Quarterback, was für manche Teams ja durchaus ausreichend ist. Sogar für den Pro-Bowl wurde er nominiert. An den vergangenen Leistungen kann er momentan aber keineswegs anknüpfen, es sieht eher nach einer Rückentwicklung des 25-jährigen aus. Nachdem Jay Cutler (36) die Bears von 2009 bis 2016 auf der Quarterback Position eher weniger erfolgreich anführte, sollte 2017 ein frischer Wind durch das Team wehen.

In Runde eins des Draft´s wählte man schon an Position zwei den vermeintlichen Franchise-Quarterback aus, Mitch Trubisky kam als vielversprechender Play-Caller nach Chicago. Sieht man sich heute die Quarterbacks an, die im selben Jahr nach Trubisky ausgewählt wurden, vergeht es dem ein oder anderen Bears Fan wahrscheinlich. An Stelle zehn wählten die Chiefs mit Mahomes den Überflieger der NFL schlechthin. Zwei Picks später ging Deshaun Watson (24) zu den Houston Texans und führt dort die Offensive spektakulär an. Man muss nur einen Blick auf die Statistiken der letzten beiden Spielzeiten werfen um den qualitativen Unterschied der drei Spielmacher zu verdeutlichen.

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Trubisky spielt momentan sein drittes Jahr in Chicago. Nächstes Jahr stünden also Vertragsverhandlungen an. Werbung für sich macht der Spielmacher momentan keine. In dieser schnelllebigen NFL scheint seine Zeit schon mehr oder weniger abgelaufen. Vielerseits wird er schon als Draft-Bust abgetan und so mancher Schrei nach seinem Back-up Chase Daniel (33) wird immer lauter. Vielleicht werden wir hier in der kommenden Offseason sogar einen neuen Quarterback in der „Windy City“ sehen. Vielleicht wagt man es im Draft erneut nach „dem“ Passgeber zu suchen, vielleicht geht der Weg aber auch über die Free Agency. Marcus Mariota (26, Tennessee Titans) und Jameis Winston (25, Tampa Bay Buccaneers) werden sehr wahrscheinlich nach diesem Jahr Free Agents.

Lampenfieber

Die gesamte Offensive wirkt extrem eindimensional und vorhersehbar. Auch Cheftrainer Nagy merkte dies jüngst in einer Pressekonferenz an und gelobte für die Zukunft mehr Flexibilität und Vielseitigkeit im Angriff. Auffallend ist, dass es nicht nur Offensive Coordinator Mark Helfrich (46) nicht schafft, die richtigen Waffen und Go-To-Guys zur richtigen Zeit einzusetzen. Ganz im Gegenteil. Gerade bei spielentscheidenden Szenen trifft man oft die falsche Wahl, oder die Nerven versagen total.

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Als Paradebeispiel hierfür steht die Partie gegen die Oakland Raiders aus Woche fünf. Mit mehr als zwei Minuten auf der Uhr bekommen die Bears nach einem Touchdown der Raiders den Ball an der eigenen 25-Yard Linie. Beim Stand von 24:21 für Oakland, ist es an der Zeit eine vorher gescriptete Two-Minute-Offense aufs Feld zu holen. Das Feld in zwei Minuten zu überqueren und ein Field-Goal zum Ausgleich zu erzielen ist für viele Teams in der NFL durchaus machbar. Für die Bears scheint es aber gerade in solchen Situationen unmöglich irgendetwas aufs Board zu bringen. Die Folge: Interception der Raiders an deren 47-Yard Linie und das Ende des Spiels.

Und auch am letzten Sonntag, gegen die Los Angeles Chargers, konnten wir uns wieder ein Bild von der Nervenschwäche der Bears machen. In einer von beiden Seiten schwach geführten Partie hatte man in den letzten Sekunden alles in eigener Hand, beziehungsweise auf eigenem Fuß. Mitch Trubisky führte in der Schlussphase der Partie sein Team mit Ach und Krach über das Feld. An der gegnerischen 22-Yard-Linie kniete er um die Zeit herunterlaufen zu lassen und drei Sekunden vor Schluss ein Time-Out zu nehmen. Eddie Pineiro (24) seines Zeichens Kicker der Bears, bekam die Chance das Spiel mit einem 43-Yard-Field-Goal zu entscheiden. Nachdem er früher in der Partie schon einmal aus 33 Yards versagte, kam es wie es kommen musste. Auch aus 43 Yards versagten dem Kicker die Nerven und die Bears verließen das Spielfeld erneut als Verlierer.

Defensive hält Bears im Spiel

Der einzige Lichtblick seitens Chicago ist also die Defensive. Angeführt von Pass-Rusher Khalil Mack (28) kann diese fast an der Dominanz aus der letzten Saison anknüpfen. Wieder gehört sie zu den besten der Liga und ist die einzige konstant starke Kraft. Zwar kann Mack selbst nicht an seine überragende 2018er Saison anknüpfen, aber allein wenn er den Fokus des Gegners auf sich zieht, macht er die Jungs um sich herum wesentlich stärker. Bisher kommt er auf „nur“ 5,5 Sacks, für seine eigenen Verhältnisse nicht gerade viel. Von seiner Präsenz profitierten allerdings schon einige. Nick Williams (29) konnte nach fünf Jahren in der NFL ohne Sack bisher gleich vier feiern. Und mit Akiem Hicks (29) war Mack ein sehr gefürchtetes Edge-Rush-Duo. In Woche fünf verletzte sich Hicks allerdings und hinterließ seitdem eine große Lücke.

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Man muss sagen dass die Defensive der einzige Grund ist, weshalb das Team überhaupt konkurrenzfähig ist. Während die gesamte Offensive auf dem viertletzten Rang liegt, präsentiert sich die Defensive übergreifend auf Rang sieben der NFL. Eigentlich überraschend wenn man bedenkt wie oft und besonders wie lange sich diese in jedem Spiel auf dem Feld befindet. Gerade gegen den Lauf zeigt man sich besonders stark. Nur 602 Rushing-Yards ließen die Bears bisher zu, der drittniedrigste Wert der Liga. Aber auch gegen den Pass braucht man sich mit 1614 zugelassenen Yards Raumgewinn und dem achten Rang nicht zu verstecken. Hier verlor man nach der 2018er Spielzeit im Backfield einen der wichtigsten Männer. Safety Adrian Amos (26) ging über die Free Agency ausgerechnet zum direkten Konkurrenten und Erzrivalen den Green Bay Packers. Fast schon lustig ist, dass diese Lücke durch einen ehemaligen „Cheesehead“, Haha Clinton-Dix (26) gefüllt wurde, welcher seinen Job bisher richtig gut macht.

RangTeamerlaubte Yardserlaubte Pkte.
1New England Patriots234.061
2San Francisco 49ers241.0102
3Buffalo Bills303.9122
4Denver Broncos304.5151
5Minnesota Vikings313.9132
6New Orleans Saints316.5156
7CHICAGO BEARS316.6122

Starke NFC North

Leider muss man sagen dass die Verteidigung geradezu verschwendet wird. Mit einer solch dominanten Defensive und einem mittelmäßig funktionierenden Offensivspiel hätte man in Chicago definitiv einen Kandidaten für die Postseason und mehr. Mit diesem extrem schwachen Angriff gibt es im Norden allerdings keinen Blumentopf zu gewinnen. Die Gegner in der NFC, aber besonders in der NFC North sind den Bears weit voraus. In Green Bay kam zur überraschend starken Defensive nach einer kurzen Einlaufphase nun auch eine wie gewohnt richtig starke Offensive hinzu. Bei den Minnesota Vikings ist die Maschinerie nach anfänglichen Startschwierigkeiten nun auch ins Laufen geraten. Und sogar die Detroit Lions sind heimlich, still und leise an Chicago vorbei gezogen.

Heute erwartet uns mit der Partie gegen die Eagles eine richtungsweisende Partie. Denn auch für Philadelphia geht’s um die Wurst. Im Gegensatz zu den Bears haben diese die Playoffs aber noch in Reichweite. In Chicago müsste schon ein kleines Wunder her, um das vorher gesteckte Minimalziel zu erreichen. Für Trubisky gilt es die Saison noch mit einem positiven Gefühl zu beenden, geht es für ihn um nicht weniger als seine zukünftige Karriere. Liefert er aber weiterhin nicht ab, wird es besonders für ihn ungemütlich in der „Windy City“.

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