Los Angeles Rams – Gefallen Aber Nicht Am Boden
LOS ANGELES RAMS – GEFALLEN ABER NICHT AM BODEN
Vor etwa 10 Monaten befanden sich die Los Angeles Rams im Football-Olymp. Nach Ablauf der 60 Minuten in der 56. Ausgabe des Super Bowls setzte man sich die Krone zum zweiten Mal in der Geschichte der Franchise auf. Die Rams wurden in einem knappen Spiel gegen die Cincinnati Bengals Champion. Heute ist die Realität eine etwas andere. Gebeutelt vom Super Bowl-Hangover und gravierenden Verletzungen steht der amtierende Champion bei einer katastrophalen Bilanz von 3 – 8 – 0! Die Playoffs sind kaum mehr möglich und dies könnte mit einer Niederlage gegen die Seattle Seahawks bereits dieses Wochenende offiziell werden!
STOTTERNDER MOTOR
Bereits zu Beginn der Saison zeichnete sich ein gänzlich anderes Jahr ab, als noch 2021. Die sonst so verlässliche Offensive performte gehörig unter ihren Erwartungen. Lediglich Starreceiver Cooper Kupp (29, WR) lieferte wie gewohnt ab. Auch Tight End Tyler Higbee (29) zeigte immer wieder sein Potenzial. Insgesamt war dies aber deutlich zu wenig um auch nur annähernd auf dem Niveau von letzter Saison zu agieren. Wie ein roter Faden ziehen sich die Offensivprobleme nun durch die Saison der Rams. Aus nunmehr elf Partien schaffte man es lediglich zwei Mal mehr als 20 Punkte zu erzielen! Für die Ansprüche der Franchise deutlich zu wenig. Freilich darf man auch nicht vergessen, dass man mittlerweile mit einigen schwerwiegenden Verletzungen zu kämpfen hat. Kupp befindet sich auf der Injured Reserve-Liste und wird möglicherweise in diesem Jahr gar nicht mehr spielen. Auch Quarterback Matthew Stafford (34, QB) fiel zuletzt wegen einer Gehirnerschütterung aus und wurde nun auf die IR-Liste gesetzt. Wenn es also ohnehin schlecht läuft, kommt auch noch ganz viel Pech dazu. Weder Stafford, noch Kupp sind in irgendeiner Form zu kompensieren.
Trotzdem muss man aber auch ganz klar und deutlich sagen, dass auch mit den beiden Spielern der negative Trend des Teams nicht aufgehalten werde konnte. Am Ende reicht nicht ein Überreceiver aus um ganze Partien zu gewinnen. Da gehört noch deutlich mehr dazu. Aktuell rangiert die Offense auf den unterirdischen Plätzen 29 und 31 wenn es um die essenziellen Kategorien „erzielte Punkte“ und „Raumgewinn“ geht! Der Anspruch besteht hier eher zu den Top-Teams der Liga zu gehören. Hier kann man also die Schuld auch nicht mehr auf einzelne Spieler schieben. Eines der wichtigsten Elemente einer Offensive ist unter anderem das Laufspiel. Dieses ist bei den Rams so gut wie gar nicht vorhanden. Kaum ein Team ist schlechter, wenn es darum geht, den Ball über den Boden nach vorne zu bringen. Gerade in diesem Bereich muss sich auch das Coaching Team rund um Head Coach Sean McVay (36) an die eigene Nase fassen. Zu wenig hat man in der Offseason getan, um auf dieser Position konkurrenzfähig zu sein. Schon letztes Jahr war dieser Bereich im Team der klare Schwachpunkt. Da man sich jedoch als Team ingesamt sehr stark und konstant präsentierte, konnte man die Schwächen gut verstecken bzw. fand Mittel und Wege um diese Achillesferse nicht ganz so gravierend erscheinen zu lassen. Dieses Jahr funktioniert dies jedoch überhaupt nicht.
Embed from Getty ImagesNach elf Spielen hat das Team gerade mal sieben (!!!) Touchdowns erlaufen! Das Schlimme daran, gerade mal vier dieser ganz mageren Ausbeute stammen von Runningbacks! Man spricht immer davon, dass es keine Position im Football gibt, die leichter zu ersetzen ist als jene des Runningbacks. Bei den Rams scheint dies jedoch nicht zu funktionieren. Sicherlich spielt hier auch die O-Line eine gravierende Rolle. Ohne entsprechende Lücken und Raum, findet sich kein Platz für die Läufer Yards zu generieren, aber trotzdem ist diese Tatsache fast schon beängstigend. Dies führt dann natürlich zum Rattenschwanz des Passspiels. Funktioniert der Lauf, muss sich die gegnerische Verteidigung entsprechend auf die Variabilität des Teams einstellen. Play-Action-Pässe können dann immer wieder für Tiefe sorgen. Ist jedoch das Element des Laufspiels so schwach wie bei den Rams, nimmt das auch viele Optionen im Passspiel. Die positive Nachricht an dieser Gesamtsituation ist, dass man zuletzt zwei Mal in Folge auch auf dem Boden solide Ergebnisse erzielen konnte. Nach dem man in den Wochen zuvor nur zwei Mal die 100-Yard-Marke in einer Partie knackte, gelang dies nun zwei Mal in Folge. Dazu kommt, dass die Ausbeuten von 148 Yards (Woche 11) und 116 Yards (Woche 12) zu keinem Zeitpunkt in der Saison zuvor erreicht wurde. Dies macht also etwas Mut, endlich etwas besser zu werden.
FEHLENDE DURCHSCHLAGSKRAFT
Jedoch ist nicht nur der Lauf allein für die Misere verantwortlich. In vielen Bereichen hat das Team aktuell nicht die gleiche Effektivität und Balance wie letztes Jahr. Das Passspiel, welches zu den Besten 2021 gehörte, ist mittlerweile eher im hinteren Mittelfeld anzusiedeln. Natürlich fehlen hier aktuell die beiden Hauptprotagonisten der Offense. Stafford und Kupp sind wie bereits erwähnt nicht im Ansatz zu ersetzen aber auch vom Rest kommt hier einfach zu wenig. Allen Robinson (29, WR) ist sinnbildlich hier für die schwere Phase des Teams. Robinson hat bereits bei Teams wie den Jacksonville Jaguars und Chicago Bears gezeigt, was in ihm steckt. Er schaffte bereits drei Mal in seiner Karriere die magische 1.000 Yard Grenze zu sprengen. Und das mit Quarterbacks wie Blake Bortles (30) und Mitch Trubisky (28, Steelers)! Es ist also ein offenes Geheimnis, dass die Rams sich von Robinson viel erhofft hatten. Man nahm schließlich auch $46.500.000 in die Hand um sich seine Dienste zu sichern. Im Moment konnte er dieses Vertrauen allerdings nur in Ansätzen zeigen. 10 Spiele, 33 Receptions, 339 Yards Raumgewinn und 3 Touchdowns. Sein bisher schwächstes Jahr. Nebenbei erwähnt ist er auch für einen Einsatz am Sonntag fraglich. Was angesichts des weiteren Ausfalls von Cooper Kupp ein herber Verlust ist.
Doch nicht nur Robinson allein ist hier in die Pflicht zu nehmen. Es enttäuscht nahezu das gesamte Offensivensemble. Hier zeigt sich auch mal wieder wie schlecht es ist, wenn man sich zu abhängig von einem einzigen Spieler macht. Schaut man sich mal die gesamten Passing Statistiken an, dann kann man ganz schnell erkennen, dass zu viel auf Kupp ausgerichtet ist. Obwohl nur in neun Partien eingesetzt, generierte er 33 % des Raumgewinns durch die Luft. Ebenso gehen die Hälfte dieser 12 Touchdowns auf sein Konto. Wo sind also die Spieler, welche in die Bresche springen, jetzt wo der Starspieler fehlt? Der bereits erwähnte Higbee macht soweit einen soliden Job, ist aber gerade in der Red Zone so gut wie gar nicht präsent. Als Tight End gehört er zu den wichtigsten Anspielstationen vor der Gegnerischen Endzone. Doch ausgerechnet hier schafft es der 1,98 Meter Hüne nicht, sich in Szene zu setzen. Er und seine Nebenmänner können nicht für die notwendige Größe und Durchschlagskraft sorgen. Es wurde nämlich noch kein Touchdown dieses Jahr von einem Tight End gefangen. Zu wenig um wirklich auch im Januar weiterhin in der Verlosung um den Titel zu sein.
Embed from Getty ImagesFAZIT
Raum für die Defensive hat es bisher in diesem Artikel noch nicht gegeben, was allerdings auch ein gutes Zeichen ist. Schließlich ist die Defensive gegen den Lauf top! Kaum ein Team verteidigt die gegnerischen Laufspielzüge besser als die Rams! Dies führt dazu, dass die Gegner oftmals nur durch Passspiel zum Erfolg kommen. Hier offenbarte auch die Defensive die ein oder andere Schwäche, aber man muss natürlich auch sagen, dass die Defense verhältnismäßig viel Zeit auf dem Grün verbringen muss, weil die Offensive zu wenig Unterstützung leistet. Je öfter der Gegner Chancen erhält, desto schneller wird die Verteidigung müde bzw. desto größer ist die Chance, dass auch irgendwann Punkte gelingen. Deshalb muss man hier alles auch richtig einordnen. Faktisch betrachtet verpassen die Rams dieses Jahr die Playoffs, weil sie nicht im Ansatz abliefern, zu was dieses Team grundsätzlich in der Lage wäre. Hier wird es gerade nächste Offseason die Aufgabe der Coaches sein, das Team punktuell zu verbessern.
Es muss unbedingt auf der Runningback Position etwas passieren. Hier kann niemand mehr in Zukunft freigesprochen werden. Zu lange ist diese Problemzone unberührt gelassen worden. Das Gleiche gilt in der O-Line, welche für das schwache Laufspiel mitverantwortlich ist. Auch ein Back-Up für Higbee auf der Tight End Position sollte am Besten im Draft gesucht werden. Ansonsten wird das Team sicherlich darauf hoffen, dass Kupp wieder vollständig fit wird und nächstes Jahr das Team von Verletzungen verschont bleibt, dann werden auch die Rams wieder um die Playoff-Plätze ordentlich mitmischen, da bin ich mir sicher. 2022 ist das Team zwar gefallen, aber sicherlich nicht am Boden. Grundsätzlich sehe ich das Fenster für einen weiteren Super Bowl-Triumph weiterhin noch weit offen. Jedoch sollte man diesen Fall in der aktuellen Spielzeit auch nicht auf die ganz leichte Schulter nehmen. Schließlich gab es schon häufiger Teams, die ihr Potenzial nicht mehr ausschöpfen konnten und so weitere Chancen auf Titel verschenkten. Dies sollte Los Angeles tunlichst vermeiden, dazu hat mein einfach ein zu gutes Team und Trainerstab beisammen.
Embed from Getty Images